Wann immer etwas als Allheilmittel angepriesen wird, regt sich meine innere Skeptikerin. So ging es mir auch eine Weile mit dem Thema Dankbarkeit. Allerorten verkünden Instagramposts und Podcasts: „Du brauchst eine Dankbarkeitpraxis und dein gesamtes Leben wird sich verändern.“ Und obwohl ich schon am eigenen Leben erfahren habe, wie gut es tut, die Hände aufs Herz zu legen und sich zu fragen, wofür man dankbar ist, hatten Dankbarkeit und ich so unsere Krisen.

Jetzt habe ich aber einen neuen Zugang zum Thema Dankbarkeit gefunden, den ich unbedingt weiterspinnen und mit euch teilen mag. Dankbarkeit kann nämlich eine großartige Übungspraxis für all jene sein, die Storytelling üben möchten! Du schlägst zwei Fliegen mit einer Klappe: Du trainierst emotional berührende Texte zu scheiben UND bringst mehr gute Gefühle in deinen Alltag.

Warum die meisten Dankbarkeitsübungen keinen Effekt haben

Mein Problem, wenn ich Dankbarkeit in meinen Alltag integrieren wollte, war folgendes: Ich habe die Dankbarkeit nicht mehr gespürt. Sie war einfach nur ein weiteres To Do für mich. Ich habe nur noch deshalb 10 Dinge aufgeschrieben, für die ich dankbar bin, weil das so auf meinem Plan stand. So hatte die Dankbarkeitspraxis keinerlei Effekt. Die Praxis hat mich genervt und wurde fallengelassen.

Dann habe ich das Podcastinterview mit Omar Brownson auf meinem derzeitigen Lieblingpodcast „A bit of Optimism“ gehört. Darin fragt Simon Sinek seinen Interviewgast, ob wir wieder lernen müssen, für die kleinen Dinge dankbar zu sein. Ich war beim Zuhören schon von der Frage genervt, weil auch das etwas ist, was überall gepredigt wird. Einfach mal wieder für das dankbar sein, was uns selbstverständlich ist.

Doch dann antwortete Brownson etwas, was mich tief beeindruckt hat: „Es geht nicht darum, ob etwas groß oder klein ist. Vielmehr geht es darum, für die spezifischen Dinge dankbar zu sein.“

Als Beispiel erzählt Brownson, wie sehr es ihn berührt habe, als er mit seinem Kind spazieren war und dieses sagte, es sei dankbar für die Bürgersteige.

„Warum denn die Bürgersteige?“, fragte der Vater.

„Na, weil wir ansonsten auf der Straße laufen müssten und vielleicht überfahren würden.“

Dieses Beispiel ist so großartig und berührt mich so sehr, weil ich selbst schon oft aufgeschrieben hatte, dass ich dankbar dafür bin in einem Land mit guter Infrastruktur zu leben. Einem Land, in dem ich sicher bin.

Der große Unterschied aber ist, dass diese Aussage mich völlig kalt lässt. Infrastruktur oder Sicherheit sind abstrakte Konstrukte, die keine Emotionen erzeugen. Wenn ich für den Bürgersteig dankbar bin, der verhindert, dass ich überfahren werde, habe ich ein Bild im Kopf. Ich sehe mich am Rand einer vielbefahrenen Straße laufen, spüre den Wind der vorbeirasenden Autos und bin dankbar dafür, dass sie ihren festen Platz haben und keine Gefahr sind für mich. Ich spüre die Sicherheit, weil ich ein konkretes Beispiel dafür habe. Sie ist kein abstraktes Konstrukt mehr.

Dankbarkeit braucht Storytelling!

Damit Dankbarkeit einen wahrnehmbaren Effekt auf mich hat, muss ich sie mir also selbst gut verkaufen. Und dazu nutze ich denselben Effekt wie in guten Texten: Storytelling. Ich nehme eine Binsenweisheit, einen Allgemeinplatz und suche eine super konkretes Beispiel dafür.

Wie das geht? Lass es mich anhand eines Beispiels zeigen.

Ich frage mich: Wofür bin ich dankbar?

Die erste Antwort lautet: Für das erholsame Wochenende mit meinem Partner.

Ich hake nach: Wofür genau?

Ich frage mich: Welche Bilder kommen in meinen Kopf, wenn ich an das Wochenende zurückdenke? Warum genau war es erholsam und schön für mich?

Und dann kommt da ein Bild eines konkreten Momentes: Wir sitzen in einem Restaurant in Bad Säckingen, in dem wir seit Jahren nicht mehr waren. Mir wird ein Teller mit duftenden Canneloni serviert und für einen kurzen Moment vergessen wir, dass Pandemie ist. Für einen kurzen Moment fühlt es sich an wie ein normaler Restaurantbesuch. Wir sind zusammen. Wir sind Geschmack und Genuss. Alle Angst, alle Sorgen sind weit weg.

Wenn ich diesen Moment beschreibe, steigen mir die Tränen in die Augen. So stark spüre ich meine Dankbarkeit.

Wie du Dankbarkeits-Storytelling für dein Business nutzen kannst

Ich werde in meinen Coachings und Kursen so oft gefragt, wie man Storytelling lernen kann. Wie ich das mache, dass meine Posts berühren und zu vielen Interaktionen führen. Und sicher – ein Teil davon ist Technik. Techniken kann man erlernen. Und es gibt viele dicke Bücher zum Thema Storytelling, die einem all diese Techniken um die Ohren hauen und allesamt spannend zu lesen sind. Immerhin wurden sie von guten Storytellern geschrieben.

Nur: Lernen wird man Storytelling so nicht.

Und das liegt meiner Einschätzung nach vor allem daran, dass Storytelling eine Einstellung ist. Die Bereitschaft nach dem Konkreten im Abstrakten zu suchen. Damit man von seinem Gegenüber verstanden wird – und zwar nicht nur auf einer intellektuellen Ebene. Ich packe fast alles, was ich erkläre in Bilder und Geschichten, weil ich dann sehe, dass es bei meinem Gegenüber ganz anders ankommt. Wenn man so will, übe ich also ununterbrochen Storytelling. Und das zumeist nicht einmal bewusst.

Diese grundsätzliche Lust und Bereitschaft alles in Stories zu packen ist neben der Technik das zweite wichtige Element für gutes Storytelling. Nur so lernt man Storytelling wirklich. Denn man übt es – Tag für Tag.

Und jetzt komme ich zu dem Punkt, warum die Verbindung mit dem Thema Dankbarkeit so wichtig sein kann.

  1. Wenn du ohnehin eine regelmäßige Dankbarkeitspraxis hast oder diese in deinen Alltag integrieren möchtest, weil du um ihre positive Wirkung weißt, kannst du diese zusätzlich als Spielwiese für dein Storytelling nutzen. Schreib nicht einfach nur auf, wofür du dankbar bist, sondern finde konkrete Beispiele und Bilder dafür, so wie ich es eben in meinem Restaurant-Beispiel beschrieben habe. So wird nicht nur deine Dankbarkeitspraxis wirksamer, sondern du übst zugleich Geschichten zu erzählen. So wird dir das hoffentlich auch in deinem nächsten Marketingtext leichter fallen.
  2. Aus deiner Dankbarkeit können sogar Posts entstehen. Du weißt es vermutlich schon: Wir wollen auf Social Media vor allem Menschen sehen und mit ihnen interagieren – nicht Firmen oder Marken. Zugleich struggeln viele Creator immer wieder mit der Frage, wie persönlich oder privat sie werden sollen. Die Frage, für welche Entwicklungen/Erlebnisse/Erfahrungen du auf deinem Berufsweg dankbar bist, führt zu Content, der PERSÖNLICH und POSITIV aber nicht zu privat ist. Beiträge, die dich als Mensch zeigen. Vielleicht bist du in deiner Festanstellung unglücklich gewesen? Und du hast noch dieses Bild vor Augen, wie du weinend am Schreibtisch zusammengebrochen bist kurz vor einer wichtigen Deadline? Das war ein furchtbares Erlebnis – aber zugleich bist du heute vielleicht dankbar dafür – weil es der Moment war, der dir gezeigt hat: Ich muss etwas verändern in meinem Leben. Vielleicht kommst du aber auch jetzt gerade aus dem Gespräch mit einer absoluten Traumkundin und dein Herz schwappt über vor Dankbarkeit. Was war es genau, was dieses Gespräch so besonders gemacht hat? Kannst du daraus einen Post erstellen?

Beispiele für interaktionsstarke Dankbarkeits-Posts

Ich habe festgestellt, dass meine Posts, die ich aus einem überbordenden Gefühl der Dankbarkeit heraus geschrieben habe, meine Community oft besonders berührt haben. Hier habe ich beispielsweise einen Brief voller Dankbarkeit an meine Traumkundin geschrieben.

Hier ein großer Glücksmoment, in dem mir bewusst wurde, wie sehr ich meinen Traum lebe und eine Vision von mir wahrgeworden ist.

Und habe hier auch mal meine innere Zerrissenheit gezeigt, ob es mir eigentlich so gut gehen darf, wenn so viele Menschen in der Pandemie leiden.

Und ehrlich gesagt überrascht es mich auch nicht, dass es andere berührt, wenn man seine Dankbarkeit kennt. Wenn Dankbarkeit auf uns selbst einen so großen Effekt hat, ist es dann nicht auch wahrscheinlich, dass sie auch auf unser Gegenüber positiv wirkt?

Zusammenfassung: Mit Dankbarkeit Storytelling üben

  • Eine Dankbarkeitspraxis ist dann besonders wirksam, wenn du die Dinge, für die du dankbar bist, konkret benennen kannst. Die Bilder in deinem Kopf rufen genau das Gefühl hervor, das du dir wünschst: Dankbarkeit.
  • Was du dabei machst, ist nichts anderes als Storytelling! Du wirst konkret, um eine Emotion zu erzeugen. So kannst du als eine Praxis, die eigentlich aus der Persönlichkeitsentwicklung und der positiven Psychologie stammt, dafür nutzen, auch an deinen Marketing-Fähigkeiten zu arbeiten.
  • Im besten Fall entstehen so sogar konkrete Geschichten, die du auch als Content teilen möchtest. Denn die positive Energie, die von Dankbarkeit ausgeht, kommt auch bei deiner Community gut an.

Zur Autorin:
Bianca Fritz ist Autorin, Mindful Content Mentorin und hilft Selbständigen und UnternehmerInnen ihr Warum, ihre Botschaft und ihre eigene Sprache für ihren Online-Content zu finden.