Wer findet, dass sich die Welt auf Social Media zu schnell dreht, der hat vermutlich keine Ads geschaltet. Denn hier scheint das, was gestern noch gut funktioniert hat, heute schon ein Ladenhüter zu sein. Zwei, die immer am Zahn der Zeit sind, weil sie nicht nur für viele große Unternehmerinnen immer Ads schalten, sondern auch virtuelle Assistentinnen für Meta-Ads ausbilden, sind Natalia Bossauer und Andreas Mendle von Funnel Fox. Ich habe ihnen für euch ein Loch in den Bauch gefragt, wie man heute am besten mit Ads startet, was wie viel kostet und welches strategische Vorgehen Sinn macht.
Inhaltsverzeichnis
Bianca: Ich habe das Gefühl, dass Ads-Schalten mit Meta für Instagram und Facebook technisch immer komplizierter wird. Stimmt mein Eindruck?
Natalia und Andreas: Stimmt, den Eindruck hatten in den letzten Jahren viele Unternehmer*innen – das liegt hauptsächlich an neuen Richtlinien bei iOS und den Cookie-Regelungen. Darauf musste Facebook reagieren und so wurde die Einrichtung des eigentlichen Werbekontos komplexer: Mit Unternehmenskonto einrichten, Domain verifizieren, Pixel installieren und Events installieren. Für besseres Tracking gibt es nun außerdem neben dem Facebook Pixel auch noch die Conversion API.
Puhhh, das kann einem schon die Lust verderben, bevor man losgelegt hat …
Die gute Nachricht ist: Es wird wieder einfacher und Meta arbeitet daran, dass Schritte wie Events priorisieren und Co. wegfallen. Auch die Auswahl der Zielgruppen ist viel einfacher geworden als früher noch. Durch die Änderungen bei Facebook wird es vor allem für diejenigen schwierig, die vor ein paar Jahren mal Ads geschalten haben und jetzt wieder einsteigen wollen. Wer ganz von vorne beginnt, hat es da tatsächlich leichter mit der Einrichtung.
Was empfiehlt ihr Neueinsteiger*innen heute?
Zunächst einmal: Finger weg vom „Beitrag bewerben“-Button oder dem Ads-Center. Hier wird ein einfaches Ads-Schalten versprochen, aber die Einstellmöglichkeiten für die Zielgruppe und die Ziele der Ads-Kampagne sind einfach zu gering. So kannst du damit zum Beispiel keine Conversion Ads schalten. Außerdem funktioniert die Auswertung nicht so gut, da du nicht auf die Analysetools des Werbeanzeigenmanagers zugreifen kannst.
Wenn du von vorn anfängst, starte auf business.facebook.com und lege dein Business Konto an. Dieses basiert auf deinem privaten Konto und beinhaltet alle Business Assets.
Im Werbeanzeigen Manager kannst du dann das technische Setup machen, also das Pixel installieren usw.
Soweit der technische Teil. Und welches strategische Vorgehen macht Sinn?
Bei Personenmarken und digitalen Produkten, die höherpreisig sind, bietet sich folgende Strategie an: Über Ads gewinnst du Interessent*innen, die du mithilfe eines Freebies in deinen Newsletter bekommst. Im Newsletter und im Freebie kannst du Vertrauen aufbauen, bevor es zu einem Kauf kommt. Gleichzeitig wirst du über deine Freebie-Ads natürlich sichtbarer, gewinnst Follower und mögliche Kooperationspartner*innen werden auf dich aufmerksam.
Also lieber Freebie-Ads schalten oder doch vielleicht Leute über ein günstiges Produkt gewinnen, die auch potentiell bereit sind, Geld auszugeben?
Es ist viel leichter, ein Freebie zu erstellen und das zu bewerben. Damit bekommst du erstmal Leute auf die Newsletterliste und kannst dann schauen, wer kauft. Tiny Offer sind viel anspruchsvoller zu erstellen und zu bewerben. Da sollte man mit Boni etc. arbeiten und es sollte sich schon organisch gut verkaufen, bevor man es mit Ads bewirbt. Eine Ausnahme: Wenn man schon sehr genau weiß, was die Zielgruppe möchte und zum Beispiel einen bezahlten Workshop als Launchevent mit einem super Early Bird anbietet, kann es gut laufen. Aber auch hier sollte man es erstmal organisch austesten, bevor man beginnt, Ads dazu zu schalten. Webinare als Lead-Magnet funktionieren mittlerweile nicht mehr so gut, da die Leute da schon viele schlechte Erfahrungen gemacht haben. Deshalb schalten wir 90% aller Ads auf Freebies. Alles andere erfolgt im nächsten Schritt, z.B. über die E-Mails oder Dankesseiten.
Wie teilt ihr das Budget für Ads auf?
90 % gehen auf kostenlose oder niedrigpreisige Angebote, also das Freebie oder Produkte für unter 40 Euro. Höherpreisige Angebote bewerben wir nur bei Leuten, die bei einem Webinar, einer Challenge oder ähnlichem dabei waren – mit dem so genannten Retargeting. Wir schalten auch Ads, die direkt auf das Produkt hinführen, aber diese werden nur Leuten ausgespielt, die uns schon mal gesehen haben, also auf unserer Webseite oder dem Profil waren.
Was hat sich bei der Festlegung von Zielgruppen verändert?
Früher haben wir Interessen sehr spezifisch gesetzt. Nun gibt man dem Algorithmus mehr Freiraum, wählt große Zielgruppen. Für Online Angebote im DACH-Raum sollte man, wenn man mit Interessen arbeitet, mindestens 1 Millionen Menschen als potentielle Zielgruppe anpeilen. Wir legen nur Alter, Geschlecht, Standort und Sprache fest und lassen den Rest offen. Das nennt man Broad Audience. Die richtigen Menschen findest du dann über das, was auf der Ad steht.
Allerdings unterscheiden wir hier auch Stufen. Wenn du unter 200 Follower hast, sind interessenbasierte Zielgruppen ideal. Bei 200 bis 500 Followern wählst du eine möglichst breite Lookalike Audience, also grundsätzlich 10 Prozent. Bei über 500 Followern kannst du mit einer Broad Audience anfangen.
„Je besser es bei dir organisch läuft, umso besser werden auch deine Ads laufen.“
Was sind sinnvolle Ziele für Ads?
Conversion Ads oder Lead Ads. Das Schöne an Lead Ads z.B. ist: Du brauchst keine Landingpage, es ist also viel einfacher einzurichten. Du brauchst kein Pixel, keine Domain Verifizierung. Denn du erstellst das Registrierungsformular direkt auf Facebook. Die Daten werden allerdings bei Facebook gespeichert. Du musst sie also als Exceldatei herunterladen und in deine E-Mail-Software integrieren. Prinzipiell sind Lead-Ads für Anfänger*innen super geeignet. Das Integrieren der E-Mail-Daten kann bei gutem technischen Verständnis auch mit Zapier automatisiert werden.
Ads an Veranstaltungszusagen lohnen sich oft nicht, denn auf eine Veranstaltung klickt man schnell mal, aber meist kaufen diese Menschen dann nicht. Also erreicht man mit diesen Ads eine niedrigere Qualität an Interessent*innen. Das hängt aber auch vom Angebot an: bei lokalen Angeboten wie einem Yogaworkshop oder für eine*n Fotograf*in können auch Veranstaltungs-Ads noch gut funktionieren.
Ads zu Marktforschungszecken zu benutzen lohnt sich aber eher für Start Ups, denn die haben in der Regel ein höheres Budget. Da kann man Conversion Ads oder Lead Ads nutzen.
Was funktioniert aus eurer Erfahrung nach bei Lead-Ads besser: die eigene Landingpage oder Ads, die das Facebook Formular nutzen?
Bei ganz einfachen Freebies, wie PDFs, Checklisten usw. funktionieren die Lead Ads nur mit Formular super.
Wenn du Launchevents, wie Webinare oder Challenges, bewerben möchtest, ist immer noch die Landingpage die bessere Wahl. Die Menschen brauchen mehr Infos und wollen dich erstmal kennenlernen. Da fehlt im Formular der Platz. Und für Verkäufe brauchst du sowieso eine Salespage, um den ganzen Verkaufsprozess abzubilden.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit Ads zu starten?
Wenn deine Positionierung steht, du deine Zielgruppe kennst und du ein gutes Freebie erstellt hast, ist ein guter Zeitpunkt loszulegen. Es hilft auch, wenn du schon eine Validierung deines Business hast. Wenn du also weißt, dass deine Zielgruppe Interesse an deinem Thema hat und du schon Angebote hast, die bei den Leuten ankommen.
Wenn du das entsprechende Budget zur Verfügung hast, kannst du all das aber auch über Ads schneller herausfinden. Dafür schaltest du am besten Ads für ein Freebie. Das Freebie würde man dann zum Beispiel für verschiedene Zielgruppen anbieten und auswerten, in welcher Zielgruppe die Menschen am besten darauf reagiert haben.
Viele starten aber erstmal organisch und fangen dann mit Ads an. Das ist optimal und der Algorithmus mag es, wenn er schon Daten hat, auf die er zurückgreifen kann. Je besser es bei dir organisch läuft, desto besser werden auch die Ads laufen.
Welches Budget ist sinnvoll?
Für eine Freebie Ad empfehlen wir mind. 10 € am Tag und dann erstmal damit über einen Zeitraum von z.B. 30 Tagen testen, was wie gut ankommt: Welche Zielgruppen und welche Anzeigen laufen gut. Welche Leadpreise kannst du damit erzielen.
Wie oft darf und sollte ich meine Anzeigen anpassen?
Das hängt auch von der Branche ab. Für jede gibt es einen realistischen Leadpreis, den wir unseren Kund*innen auch mitgeben. Solange deine Ad in deinem Zielkorridor ist, solltest du die Ad nicht ändern. Dafür wertest du ein Mal pro Woche deine Ergebnisse der Ads aus. Wenn der Lead zu teuer wird, wertest du genauer aus: Wie viele Leute klicken? Wie viele melden sich an? Und optimierst daraufhin deine Anzeigen – oder auch die Landingpage, wenn viele klicken, aber sich wenige anmelden.
Allerdings braucht eine Ad auch eine gewisse Anlaufzeit. Also nachdem sie genehmigt wurde. Unser Tipp: Wenn du getestet hast, ob alles funktioniert, schaue am besten 3 Tage gar nicht rein. Die Lernphase des Algorithmus braucht rund 50 Ergebnisse. Je eher die erreicht sind, desto schneller hat der Algorithmus sich eingespielt.
Butter bei die Fische: Was sind realistische Ad-Preise?
Bei Freebies, die sich an Selbstständige, also B2B, richten, ist ein Leadpreis von maximal 6 € realistisch. Er kann natürlich auch niedriger sein. Freebies im B2C Bereich, also zum Beispiel im Ernährungsbereich, liegen bei max. 3 € pro Lead. Bei Webinaren ist der Preis höher, 10 € für B2B bzw. 5 € für B2C.
Gerade zu Beginn tut jeder Euro weh. Woher weiß ich, wann es sich lohnt, dass Ads-Budget nach oben zu schrauben?
Wenn du mit höherem Werbebudget auch deinen Umsatz skalieren kannst. Wenn du mit einem niedrigeren Budget eine bestimmte Conversionrate erzielst und sich das für dich finanziell lohnt, kannst du durch ein höheres Budget natürlich auch mehr Conversions/Umsatz bekommen.
Bei Tiny Offers wähle als Tagesbudget den Preis des Tiny Offers, damit du auch Ergebnisse erzielst. Wenn es gut funktioniert und die Ads-Kosten gedeckt sind, kannst du durch ein höheres Budget auch mehr Umsatz erzielen.
Wovon du die Finger lassen solltest, ist in eine nicht laufende Ad durch mehr Budget zu stecken.
Wie passe ich meine Anzeigen an, wenn ihr Preis zu hoch ist?
Als Erstes würden wir das Anzeigenbild anpassen, denn das kreiert den ersten Moment der Aufmerksamkeit und auch Facebook schaut sehr darauf. Weitere Anpassungen bieten sich bei der Bild-Text-Kombination an. Man könnte also andere Ansätze bei der Message in Kombination mit den Bildern testen. Alle Ansätze kommen dann in eine Kampagne. Maximal 3-4 verschiedene Ansätze in einer Kampagne sind ideal. Erst dann würden wir andere Zielgruppen testen.
Was haltet ihr von der dynamischen Anzeigengestaltung, bei der Facebook die optimale Kombination aus Bild und Text selbst auswählt?
Das bietet sich schon an, allerdings kann man dann keine keine Anpassungen mehr machen und auch nichts eigenständig deaktivieren. Wenn man noch nicht viel Erfahrungen mit Ads hat, sollte man es erstmal händisch machen und den Prozess lernen. Bei Launches oder Tiny Offers setzen wir es gerne ein, denn es bringt mehr Dynamik in die Anzeigen und damit auch bessere Ergebnisse. Bei Freebies nutzen wir es eher nicht, da die Anzeigen länger laufen und wir es mehr in der Hand haben wollen und mehr testen wollen. Oder wenn wir ganz konkret entscheiden wollen, welches Bild mit welchem Text kombiniert wird.
„Man weiß vorher nie, was am besten läuft!“
Sollte ich für die Anzeigengestaltung auch Karussell-Posts und Videos parat haben?
3-4 Varianten pro Anzeigen sollte man anbieten. Da ist es dir überlassen, was du nimmst: Selfies, Mock-Ups und ein professionelles Foto. Oder deine 3 Varianten sind eben ein Video, eine Animation und eine Grafik. Und man weiß vorher nie, was am besten läuft. Man muss einfach immer testen und Neues probieren. Generell geht die Tendenz auf den Plattformen schon zu Videos. Aber wenn die Leute dich noch nicht kennen, schauen sie dein Video vielleicht nicht bis zu Ende. Da wollen sie die Message schnell erfassen können.
Gibt es für gute Video-Ads eine zeitliche Obergrenze?
Länger als 1 Minute schauen die Leute nicht zu. In Stories maximal 45 Sekunden.
Warum lohnt es sich als Anfänger*in, sich dem Wust der Ads zu stellen?
Wenn du (schneller) und einfacher wachsen möchtest, sind Ads ein wichtiges Tool. Denn die organische Reichweite ist einfach viel geringer geworden als noch vor ein paar Jahren. Gerade wenn du dein Business skalieren möchtest und du immer wieder neue Leute anziehen musst. Damit kannst du perspektivisch auch größere Launches einplanen.
Es klingt nach viel Arbeit: Ich muss kreativ werden und auch auf die Zahlen schauen. Wie entscheide ich, ob ich das selbst mache oder abgebe?
Du solltest dich mit dem Prozess auf jeden Fall auseinandergesetzt haben, es mal selbst gemacht haben und wissen, wie du Ads strategisch einsetzt. Sonst fällst du schnell auf irgendwelche Angebote herein. Da kannst du viel Geld verlieren. Dann kannst du dir jemanden suchen, der immer auf dem neusten Stand der Technik ist und das für dich übernimmt.
Und dann kann ich mit welchen Preisen für ein Ad-Management rechnen?
Richtig gute Ads-Manager gehen ins Geld. Es lohnt sich also vor allem dann, wenn du auch ein entsprechendes Budget für Ads ausgeben möchtest. Gute Ads-Manager verlangen ab 100 € pro Stunde oder eine Monatspauschale ab 900 €.
Wer Ads schaltet, wird auch Menschen angezeigt, die keine Superfans sind und muss auch mit bösen Kommentaren rechnen. Was ratet ihr für den Umgang mit diesen?
Schenkt ihnen möglichst wenig Aufmerksamkeit. Und denkt dran: Jeder Kommentar bringt etwas für die Sichtbarkeit der Ad und das ist gut. Insofern können kontroverse Diskussionen unter einer Anzeige sehr hilfreich sein.
Wenn es allerdings beleidigend wird, verbergen wir die entsprechenden Kommentare.
Negative Kommentare sind ganz normal. Wir legen lieber den Fokus auf die, die uns wohl gesonnen sind und vielleicht zu Kund*innen werden.
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Zur Autorin:
Bianca Fritz ist Autorin, Mindful Content Mentorin und hilft Selbständigen und UnternehmerInnen ihr Warum, ihre Botschaft und ihre eigene Sprache für ihren Online-Content zu finden. Außerdem unterstütz sie dabei, einen Workflow für Content zu finden, der zum Alltag der vielbeschäftigten Einzelunernehmerinnen passt.
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